Park City: Von der Geisterstadt zum Ski-Giganten
Park City ist der neue Superstar am amerikanischen Ski-Himmel. Seit dem Zusammenschluss mit dem Nachbarn The Canyons ist Utahs Skitown No. 1 zum größten Skigebiet der USA und krönt Park Citys kometenhaften Aufstieg vom verfallenden Minenstädtchen zu Amerikas Ski-Giganten.
Ausgerechnet der Erzrivale macht Park City zur Nummer 1. Für über 180 Millionen Dollar haben die Vail Resorts das Park City Resort gekauft, um es mit dem schon seit einigen Jahren von ihnen kontrollierten Nachbarskigebiet The Canyons zu fusionieren. Ein Mega-Projekt, das in Utah von einigen zunächst skeptisch beäugt wurde. Schließlich sind die Vail Resorts in der amerikanischen Ski-Szene so etwas wie der FC Bayern München im deutschen Fußball – von den einen bewundert und von den anderen gehasst.
Park City-Canyons-Fusion: Hollywoodreifer Megadeal
Die Vail Resorts sind erfolgreich und kaufen seit Jahren die Filetstücke unter den nordamerikanischen Ski-Resorts zusammen. Utahs größtes Skigebiet, The Canyons, und Utahs berühmtestes Skigebiet, Park City, hatten sie schon lange im Visier. Nach einigen erfolglosen Anläufen sicherten sie sich 2013 Canyons mit einer Langzeitpacht über 300 Jahre und schließlich 2014 auch noch Park City – und das mit einer beispiellosen Operation.
Der Park City-Deal gäbe einen guten Stoff für einen Hollywood-Thriller ab: ein schicksalhafter Fehler, erbittert kämpfende Star-Anwälte, Marathon-Verhandlungen, Big Money und ein Showdown vor Gericht – der Plot hat einfach alles. Am Ende machten die Vail Resorts in Utah ein Schnäppchen, weil die Besitzer des früheren Park City Mountain Resorts einen kapitalen Fehler begingen. Sie vergaßen den am 1. Mai 2011 auslaufenden Pachtvertrag für den Großteil des Skigebiets fristgerecht zu verlängern.
Rund 90 Prozent des Park City-Skigebiets gehört dem Canyons-Besitzer Talisker, der damals schon mit den Vail Resorts über die Canyons-Pacht verhandelte. Die Vail Resorts nutzten die einmalige Chance, meldeten ihren Anspruch auf das Skigebiet an, zwangen das Park City Resort vor Gericht in die Knie und kauften es schließlich 2014 komplett auf.
Einen ganzen Sommer wurde in den Wasatch Moutains östlich von Salt Lake City kräftig gebaut. Über dem Thaynes Canyon verbindet jetzt eine Achter-Umlaufgondelbahn die beiden Resorts. Aus zwei großen Skigebieten wird damit ein gigantisches: 30 Quadratkilometer befahrbare Fläche mit 17 Gipfeln und 14 Talschüsseln, über 300 Abfahrten, 38 Lifte, 8 Halfpipes und 7 Terrainparks – ein Paradies für Wintersportler, das im Jahr durchschnittlich mit über neun Metern Schnee beglückt wird.
Park City-Canyons ist Heimat des „Greatest Snow on Earth“
Und das nicht mit irgendeinem Schnee, sondern mit dem „Greatest Snow on Earth“, wie sie in Utah stolz auf ihre Auto-Nummernschilder drucken. Der Utah-Powder ist so trocken, dass man nicht einmal einen Schneeball draus formen kann. Meteorologen wie Brian McInerney vom Nationalen Wetterdienst erklären „Utahs ideales Schneeklima“ mit den Wüsten, der Ausrichtung der Wasatch-Mountains und dem großen Salzsee. Aufgrund der trockenen Luft ziehen die Schneewolken Feuchtigkeit aus dem nie zufrierenden Great Salt Lake. Vollgesogen bleiben sie dann an den über 3000 Meter hohen Gipfeln rund um Park City hängen.
Von der Natur ist Park City also mit Schnee und einer traumhaften, sanft geschwungenen Gebirgslandschaft reich beschenkt. Die aber haben die übrigen zehn Skiorte in einem Umkreis von weniger als einer Autostunde rund um den Flughafen von Salt Lake City auch zu bieten. Was Park City so einmalig macht, ist seine Geschichte und die historische Main Street.
Die Hauptstraße mit ihrem Mix aus braunen Backstein- und bunten Holzhäusern entstand während des Silberrauschs vor gut 100 Jahren. Sechs Silberminen durchlöcherten die Berge mit Kilometer langen Stollen. Tagsüber schufteten weit über Tausend Arbeiter in den Minen, abends vergnügten sie sich in Salons wie dem heute noch existierenden No Name Saloon und in dem nicht mehr existierenden Bordellen. Das Städtchen florierte bis das Silber zur Neige ging und
Park City in den 1950er Jahren zur Geisterstadt verfiel.
Erst mit der Eröffnung des Ski Resort 1963 wurde Park City wiederbelebt. Die olympischen Spiele machten es dann als Austragungsort fast aller alpinen Wettbewerbe international bekannt. Auch Robert Redfords Sundance-Filmfestival ist eine gute Werbung. Dennoch steht Utahs berühmtester Skiort immer noch im Schatten der großen Rivalen aus Colorado. Dass nun ausgerechnet die aus Colorado stammenden Vail Resorts Park City zum größten Skigebiet der USA upgraden, klingt wie eine Ironie des Schicksals.
Seit dem die Vail Resorts in Park City gezielt investieren ohne sich wie Eroberer aufzuspielen, werden die kritischen Stimmen der Skeptiker leiser, die befürchteten, Park City werde seine Seele verlieren. „Ich bin immer Optimist und sehe in jeder Veränderung eine Chance“ sagt Adolph Imboden. Der ausgewanderte Schweizer betreibt seit über 40 Jahren sein Restaurant „Adolph’s“ in Park City, das wegen seines Original Schweizer Fondue Kultstatus genießt. Als Gastronom und leidenschaftlicher Skifahrer hat er den Aufstieg des verfallenden Minenkaffs zum Weltklasseskigebiet miterlebt. Imboden, in dessen Restaurant die Wände mit Fotos und Autogrammen von Dutzenden Skistars tapeziert sind, glaubt fest daran, dass Vails Einstieg Park City den letzten Kick gibt.
Nach dem Olympia-Boom hatte Park City den Anschluss verloren. Wegen seines einzigartigen Flairs rund um die Main Street mit mehr als 100 Restaurants und Bars war Park City für viele zwar Amerikas schönste Skitown, auf dem Berg aber war vieles in die Jahre gekommen – einige Lifte, vor allem aber die Bergrestaurants. Die Vail Resorts haben den Mother Load- und King Con-Lift aufgerüstet, ein zusätzliches Restaurant an der neuen Gondelstation auf Park Citys Seite ergänzt und zwei Restaurants ausgebaut. „So wird das Skigebiet durch die Verbindung nicht nur vergrößert, sondern auch verbessert“, meint Maxine Jensen. Die Managerin des Park City Peaks Hotel geht mit ihren Gästen regelmäßig Skifahren, um ihnen die Geheimtipps zu verraten. Und von denen gibt es rund um den 3047 Meter hohen Jupiter Peak unzählige.
„Das anspruchsvollste Areal ist die Jupiter Bowl mit vielen Double Black Diamonds“, erzählt die ausgewanderte Engländerin, die seit ihrem Studium in Deutschland sehr gut Deutsch spricht. „Double Black Diamonds“ nennen die Amerikaner ihre besonders schweren Abfahrten, die oft nicht präpariert sind. Anders als in den Alpen darf man in den USA die Pisten verlassen und innerhalb des von der Ski Patrol überwachten Skigebiets überall abfahren – ein Traum für Könner!
Zu den „Double Black Diamonds“ gehören auch die Waldabfahrten, wie die in der nach dem verstorbenen Freeridestar benannten McConnkey’s Bowl. „Black Forest (Schwarzwald) ist eine dieser traumhaften Treeskiing-Runs – nicht nur für unsere deutschen Besucher“, erzählt Maxine schmunzelnd. In Utah wachsen die Wälder bis hinauf auf die 3000 Meter hohen Gipfel, was die Orientierung selbst bei starkem Schneefall zum Kinderspiel macht.
Und weil die Bäume in den Wälder viel weiter auseinander stehen als in den Alpen und die Stämme zudem unten kahl sind, können sich auch Treeskiing-Einsteiger in den Natur-Slalomparcour wagen. „Weil der Schnee so pulvrig ist und durch die trockene Luft so lange locker-leicht bleibt, fahren europäische Gäste bei uns ohnehin immer ein Klasse besser als zu Hause“, erzählt Maxine.
Skifahrerisch bleiben in Utahs neuem Mega-Resort keine Wünsche offen. Auf der riesigen Fläche von 30 Quadratkilometern verlieren sich die Skifahrer und Snowboarder förmlich. Oft hat man die breiten Pisten oder Geländeabfahrten ganz für sich allein – vor allem im ehemaligen Canyons-Bereich. Limits setzen dort nur die eigene Ausdauer und ein paar Elche. Wenn die zwar träge wirkenden, aber durchaus gefährlichen Tiere mal wieder eine Piste blockieren, sperrt die Ski Patrol diese schnell ab. „Die Ski Patrol ist eben auch eine Moose Patrol“, scherzt Bill Benson.
Bill ist einer von hunderten „Guten Geistern“, die den Gästen auf täglich angebotenen, kostenlosen Touren das Skigebiet zeigen oder an den Infotafeln mit den Pistenplänen Fragen beantworten. Service wurde in Park City und Canyons immer schon groß geschrieben, im neuen Mega-Resort wird der Service noch weiter ausgebaut. Auf den Bergen ändert sich eine Menge – im Tal aber bleibt alles beim Alten. Zum Glück! Park Citys Main Street ist perfekt wie sie ist – das sehen wohl auch die Perfektionisten der Vail Resorts so.
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